Von der Skipiste zum Pilzesammeln

Kostas will mir nun noch die byzantinische Kirche Agias Paraskevis zeigen, die etwas außerhalb von Pertouli auf einer grünen Ebene liegt. Als wir ankommen ist das hölzerne Tor zum Garten verschlossen. Ein Auto parkt davor, will gerade abfahren. Als uns der alte Mann am Steuer erblickt, lehnt er sich aus dem Fenster und ruft uns laut zu: "Macht bloß das Tor hinter euch wieder zu wenn ihr reingeht! Die Kühe scheißen uns sonst wieder den ganzen Garten voll."

Also doch nicht verschlossen, sondern nur kuhsicher verriegelt. Beschwichtigend versichere ich dem Mann, dass wir ganz sicher alles gut verschließen werden. Dann öffnet Kostas ungerührten Blickes und mit seiner Kaffeetasse in der Hand den Riegel. Wir betreten einen ordentlich gepflegten Garten. Auch hier gibt es eine kleine Quelle, aus der kristall-klares Bergwasser sprudelt. Um das kleine angelegte Wasserbecken herum, alles voller Kuhfladen. Hier lässt man also auch sein Vieh frei herumlaufen. Ein Biobauern-Paradies, geht es mir durch den Kopf, als ganz plötzlich die Kirchenglocke geläutet wird und die Stille aufhebt. Ich sehe mich verdutzt um und entdecke Kostas, wie er in der linken Hand sein Heißgetränkebehältnis hält und mit der rechten das Glockenseil schwingt. Die Glocke ist an einem hölzernen Gestell außerhalb des kleinen Kirchengebäudes aufgehängt. Kostas läutet sie und grinst dabei schelmisch. Ein bisschen ist er der kleine Junge geblieben der hier und da gern Unsinn macht und gleichzeitig gerne in der Natur herumstromert. Seine Freunde und Gäste sollen daran teilhaben.

Er zeigt auf die schneebedeckten Gipfel des Pindos-Gebirges: "Früher bin ich oft Ski gefahren, aber heute fehlt mir die Zeit. Wenn genug Schnee liegt kommen die Gäste zu uns und ich hab' alle Hände voll zu tun. Im Sommer fliehen sie vor der größten Hitze auf die Berge und wieder brummt tagein, tagaus das Geschäft."

Auch jetzt wird des Geschäftsmanns Zeit allmählich knapp und wir machen uns auf den Rückweg. Der Nescafé ist inzwischen kalt, doch Kostas nippt ungerührt weiter an der Tasse, während er mit der anderen Hand den Wagen auf der kurvenreichen Straße behutsam zurück in Richtung Ski Center lenkt.

-> zur Leseprobe 3. Kapitel

Impressum | Copyright Andreas Deffner 2010