Geschichte und Dichtung im einstmals einsamen Fischerdorf

Einen schicken Strohhut auf dem Kopf und zwei große Tüten in den Händen biegt Jannis an diesem Wintermorgen eiligen Schrittes um die Ecke und erscheint auf der Terrasse von Perikles' Taverne. Freudestrahlend und gleichzeitig ernsten Blickes kommt er auf mich zu, deutet auf die Tüten und sagt: "Andreas, ich habe was Spannendes mitgebracht. Setz dich, ich zeige es dir!"

Auf einem der Tische breitet er seine mitgebrachten Werke aus. Historische Bücher und zahlreiche lose Blätter. Jannis ist auch heute noch immer auf der Suche nach neuen geschichtlichen Erkenntnissen über sein Heimatdorf, und nach wie vor recherchiert er über die Zeit rund um den Zweiten Weltkrieg. Viele neue Informationen hat er in den vergangenen Jahrzehnten aus heimischen und ausländischen Bibliotheken, aus dem Internet und aus privaten Quellen zusammen getragen. In einer dicken Kladde sammeln sich unzählige Ausdrucke aus dem örtlichen Internetcafé.

Vieles von seinem historischen Wissen hat Jannis vor Jahren in seinem Buch zusammengefasst: "Die Geschichte Tolos" heißt sein Werk. Leider ist es nur auf griechisch erhältlich, aber es ist ein lohnendes Dokument. Sein erstes Gedicht ist darin veröffentlicht. Sein prägendes Kriegserlebnis. Und er erzählt noch heute jedem von den schrecklichen Ereignissen. Das Buch kauft man am besten direkt vor Ort beim Autor. Der gesellige Jannis freut sich über jeden Besuch. Der grauhaarige, immer adrett gekleidete Autor mit Denkerstirn und weißem Resthaar wohnt in der "Villa Poeta". Italienisch ist eine weitere Leidenschaft des Historikers. Die Dichtervilla ist zwar kein Herrschaftssitz und der Bewohner auch kein gesamtgriechischer Prominenter, doch in Tolo kennen alle den etwas kauzigen aber herzensguten "Lehrer", wie sie ihn nennen.

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